Der Fall
Ein Vermieter klagte vor dem Bundesgerichtshof (BGH) auf Schadensersatz für eine von der Polizei aufgebrochene Tür. Einer der Mieter des Klagenden war per Haftbefehl gesucht worden, außerdem hatte ein Durchsuchungsbeschluss vorgelegen. Bei der Vollstreckung hatte die Polizei die Wohnungstür erheblich beschädigt.
In der Wohnung fand die Polizei 26,32 Gramm Marihuana. Dafür wurde der Mieter zu einer Haftstrafe von drei Monaten verurteilt. Vom Vorwurf des Handels mit Betäubungsmitteln wurde er hingegen freigesprochen.
Das Urteil
In seinem Urteil vom 14. Dezember 2016 (AZ VIII ZR 49/16) wies der BGH die Klage Vermieters ab. Zwar habe der Mieter mit der Aufbewahrung der aufgefundenen Menge an Marihuana gegen seine vertraglichen Obhutspflichten verstoßen und habe auch mit einer polizeilichen Durchsuchung rechnen müssen. Dennoch verneinte der BGH eine Schadensersatzpflicht des Mieters.
In der Urteilsbegründung heißt es, dass es keinen ausreichenden Zusammenhang gebe zwischen dem Haftbefehl (der wegen unerlaubten Handels mit Betäubungsmitteln ergangen war) und der Pflichtverletzung des Mieters (Aufbewahrung von Marihuana). Anders ausgedrückt: Die immobilienrechtliche Pflichtverletzung des Mieters war nicht der Anlass für die Wohnungsdurchsuchung der Polizei.
Die Lehre
Dieser Fall ist weniger wegen seiner durchaus spitzfindigen Urteilsbegründung bemerkenswert. Vielmehr illustriert er sehr gut, warum Vermieter frühzeitig anwaltliche Beratung nutzen sollten:
Im vorliegenden Gerichtsprozess hätte ich Ihnen als Immobilienanwältin geraten, dem Auftraggeber der polizeilichen Durchsuchung eine sogenannte Streitverkündung zukommen zu lassen. Eine solche Streitverkündung führt dazu, dass ein Dritter (dem der Streit verkündet wird) an einem Rechtsstreit beteiligt wird. Ziel ist es, diesen Dritten in einem etwaigen Folgeprozess (gegen eben jenen Dritten) an die Entscheidung des ersten Prozesses zu binden.
Was kompliziert klingt, lässt sich am vorliegenden Fall ganz praktisch erklären:
- Es musste befürchtet werden, dass der erste Rechtsstreit gegen den Mieter verloren wird. In diesem Fall hätte der Vermieter einen zweiten Rechtsstreit gegen die Polizei bzw. den Auftraggeber der polizeilichen Maßnahme einzuleiten (wenn er Schadensersatz erhalten will).
- Nun könnte es aber passieren, dass ein anderer Zivilrichter im zweiten Gerichtsverfahren den Schadensersatzanspruch seitens der Polizei verneint, weil er den Mieter als den schuldhaften Verursacher ansieht.
- Um dies zu vermeiden, muss während des ersten Rechtsstreits eine Streitverkündung an die Polizei erfolgen. Denn nur durch diese Streitverkündung wäre das Gericht im Folgeprozess an die Entscheidung des ersten Rechtsstreits gebunden.
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