Das Urteil aus erster Instanz
Vermieter in Berlin vermieten zunehmend möblierten Wohnraum mit kurzen Vertragslaufzeiten. Denn nur zum vorübergehenden Gebrauch vermieteter Wohnraum ist gemäß § 549 Abs. 2 Nr. 1 BGB vom Mieterschutz ausgenommen. Damit ist typischerweise Wohnraum gemeint, den der Nutzer nur kurzzeitig benötigt, z.B. bei der Anmietung von Zimmern in einem Hotel oder einer Pension sowie Ferienwohnungen und bei zeitlich befristeter Berufstätigkeit (z.B. Sabbatjahr, Handwerker auf Montage, etc.).
In dem vom Landgericht Berlin entschiedenen Urteil ging es um die Frage,
- ab wann eine solche Kurzfristigkeit nicht mehr vorliegt,
- ob für Wohnungen die Mietpreisbremse gilt, wenn die Befristung unwirksam ist und
- wie die ortsübliche Miete möblierter Wohnungen zur Berechnung der Mietpreisbremse ermittelt wird.
Der Fall
Der Mieter mietete in Berlin-Mitte eine 50,07m² große, möblierte Wohnung zum vorübergehenden Gebrauch mit einer Laufzeit von 365 Tagen zu einem pauschalen monatlichen Mietzins von 1.200 Euro. In der Folge schlossen sich mehrfach Verlängerungen auf weitere 2,5 Jahre bis zum 7. März 2021 an. Danach verlangte der Vermieter die Wohnung zurück. Der Mieter wollte jedoch nicht ausziehen.
Außerdem rügte der Mieter unter Verweis auf die Mietpreisbremse die Miethöhe, soweit 817,06 Euro überschritten wurden. Die Mietpreisbremse schränkt die Miethöhe ein, soweit die ortsübliche Miete (zuzüglich 10%) überschritten wird. Der Vermieter wiederum war der Auffassung, dass die Mietpreisbremse nicht für ein befristetes Mietverhältnis gilt und verweigerte die Rückzahlung der Miete.
In der Erstinstanz wies das Amtsgericht Mitte die Räumungsklage des Vermieters ab und errechnete eine preisrechtlich zulässige Miete von 943,14 Euro auf Basis der Mietpreisbremse und der anhand des Mietspiegels berechneten ortsüblichen Vergleichsmiete. Entsprechend verurteilte das AG Mitte den Vermieter zur Rückzahlung zu viel gezahlter Miete (20 C 198/21).
Gegen dieses Urteil legte der Vermieter Berufung ein.
Die Entscheidung des LG Berlin
Das LG Berlin war – wie das Amtsgericht Mitte – der Auffassung, dass dem Vermieter kein Anspruch auf Herausgabe der Wohnung zustand. Das Mietverhältnis hatte sich über den 7. März 2021 unbefristet fortgesetzt. Ein vorübergehender Gebrauch liegt laut LG Berlin dann nicht mehr vor, wenn die Nutzungszeit sich über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt. Der klagende Mieter hatte seit 2017 dauerhaft seinen Lebensmittelpunkt in Berlin, was jedenfalls am 6. Februar 2020 bei der Unterzeichnung der dritten Verlängerung und einer bereits seit 2,5 Jahren betragenden Mietzeit erkennbar war. Von einer kurzfristigen, vorübergehenden Nutzungszeit konnte daher keine Rede (mehr) sein.
Der Vermieter war jedoch teilweise mit seiner Berufung erfolgreich, soweit es um die Miethöhe ging.
Da kein nur vorübergehender Gebrauch der Mietsache vorlag, griff zwar die Mietpreisbremse. Für die dafür notwendige Berechnung der ortsüblichen Miete holte das LG Berlin jedoch ein Sachverständigengutachten ein. Denn der Berliner Mietspiegel stellt zur Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete allein auf unmöblierten Wohnraum ab (vgl. etwa Berliner Mietspiegel 2017, S.5) und war deshalb als Schätzgrundlage ungeeignet. Mithin konnte die Vergleichsmiete für diesen Teilmarkt nur mittels eines Sachverständigengutachtens ermittelt werden.
Der Gutachter errechnete für den möblierten Wohnraum eine ortsübliche Miete von 1.013,92 Euro bzw. 20,15 Euro pro Quadratmeter. Dies trug auch Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage einschließlich der energetischen Ausstattung und Beschaffenheit sowie der vom Vermieter gestellten Möblierung zu Beginn des Mietverhältnisses Rechnung. Preisrechtlich zulässig war daher eine Pauschalmiete von 1.115,31 Euro (ortsübliche Mieter + 10%).
Die weitergehende Zahlungsklage des Mieters wurde abgewiesen.
Immobilienrechtliche Einschätzung
Bei Nutzungsverträgen über Wohnraum mit kurzen Laufzeiten sollten Vermieter sorgfältig abklären, welchen Gründe Mieter dazu bewegen, nur übergangsweise eine Wohnung anzumieten. Hat der Mieter seinen Lebensmittelpunkt in Berlin oder beträgt die Laufzeit mehr als ein Jahr, so handelt es sich im Zweifel nicht mehr um Wohnraum, der nur kurzfristig angemietet wird. Eine Befristung ist oder wird dann unwirksam (etwa bei Kettenmietverträgen).
Die Mieterschutzvorschriften und somit auch die Mietpreisbremse finden dann Anwendung.
Kommt es zu einem Streit über die ortsübliche Miete, so kann dieser zumindest bei möblierten Wohnungen nicht auf der Grundlage des Mietspiegels gelöst werden. Gutachten sind teuer, auch wenn es sich im vorliegenden Fall für den Vermieter gerechnet haben dürfte.
Die vorstehende Entscheidung könnte über den vorliegenden Fall hinausgehend Relevanz für andere Wohnformen haben, wie z.B. für betreutes Wohnen und sonstige Wohngemeinschaften. Die Netto-Kalt-Mieten in betreuten Wohneinrichtungen liegen im Regelfall deutlich oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete, die sich aus dem jeweiligen Mietspiegelfeld ergibt. Die Gründe liegen im bautechnischen Mehraufwand durch eine bessere Ausstattung, eine barrierefreie Gestaltung der Wohnung sowie den erforderlichen Aufzugsanlagen im Gebäude.
Ungeklärt ist derzeit, ob hier der Berliner Mietspiegel zur Ermittlung der preisrechtlich zulässigen Miete oder auch für Mieterhöhungen herangezogen werden kann.
Gerne unterstütze ich Sie bei der Gestaltung von Mietverträgen und berate zu verschiedenen Formen von Mietverhältnissen.
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